E.  Dogmatik  der  Prüfungspflichten  71  fassung  also  die  Prüfungspflichten  zur  Begründung  der  Störerhaftung  als  deliktische  Verkehrspflichten  zu  begreifen.  2.  Eigener  Ansatz:  Allgemeine  Gefahrvermeidungspflichten  als  systematischer  Oberbegriff  Bei  Lichte  besehen  ist  der  dogmatische  Gehalt  der  Prüfungspflichten  aber  mit  einer  solchen  systematischen  Verortung  innerhalb  der  Ver-  kehrspflichten  nicht  zutreffend  wiedergegeben.  Die  dargestellten  Paral-  lelen  zwischen  den  beiden  Konzepten  rechtfertigen  vielmehr  ein  Ver-  ständnis  der  Prüfungspflichten  als  einer  dogmatischen  Konstruktion,  die  zwar  dem  Gefahrvermeidungsgedanken  und  der  Struktur  der  Ver-  kehrspflichten  folgt,  ohne  aber  selbst  in  der  Kategorie  der  Verkehrs-  pflichten  vollständig  aufzugehen  (und  damit  als  eigene  dogmatische  Kategorie  obsolet  zu  werden).  Vielmehr  erscheinen  deliktische  Ver-  kehrspflichten  und  negatorische  Prüfungspflichten  als  jeweils  eigene  Elemente  einer  übergeordneten  Kategorie  allgemeiner  Verhaltenspflich-  ten  mit  dem  Telos  der  Gefahrvermeidung.  Diese  allgemeinen  Ver-  haltenspflichten  sollen  hier  allgemeine  Gefahrvermeidungspflichten  genannt  werden.  Unproblematisch  können  die  Prüfungspflichten  termi-  nologisch  (pars  pro  toto)  auch  als  Oberbegriff  für  sämtliche  negato-  rischen  Gefahrvermeidungspflichten  stehen.  Die  Erkenntnisse,  die  über  die  Entstehung  und  vor  allem  den  Umfang  der  Verkehrspflichten  zur  Bestimmung  des  für  eine  mittelbare  Verlet-  zung  Haftbarzumachenden  existieren,  können  auch  ohne  dogmatische  Vereinigung  bzw.  Zuschlagung  der  Prüfungspflichten  zu  den  Verkehrs-  pflichten  fruchtbar  gemacht  werden.  Sie  müssen  lediglich  zum  Aus-  gangspunkt  für  die  Erkenntnis  der  Existenz  allgemeiner  Gefahrvermei-  dungsvorschriften  genommen  werden,  aus  denen  sich  dann  die  Prüfungspflichten  als  „negatorische  Verkehrspflichten“  ableiten  lassen.  Somit  ist  nicht  zuletzt  eine  Abkehr  von  der  dogmatischen  Verankerung  der  Störerhaftung  bei  den  sachenrechtlichen  Abwehrvorschriften  (§§  1004,  862  BGB)  weder  zwingend  geboten  noch  wäre  diese  Abkehr  von  nennenswerten  Vorteilen  begleitet.  Durch  die  dogmatische  Zweispurigkeit  ist  außerdem  sichergestellt,  dass  auch  etwaige  nicht-verschuldensbezogene  Spezifika  der  negatori-  schen  Haftung  in  Zukunft  problemlos  erfasst  werden  können.  Die  ge-  meinsame  Oberkategorie  der  allgemeinen  Gefahrvermeidungspflichten  stellt  dennoch  sicher,  dass  ein  Erkenntnisaustausch  zwischen  Verkehrs-  und  Prüfungspflichten  sichergestellt  wird,  indem  jede  dogmatische  Wei-  terentwicklung  bei  einer  der  beiden  Pflichtenausprägungen  auf  ihre  Eignung  zur  Abstraktion  und  damit  ihre  Übertragbarkeit  auf  die  Ebene  der  allgemeinen  Gefahrvermeidungspflichten  überprüft  wird.