E.  Dogmatik  der  Prüfungspflichten  73  keine  direkte  Handlungszurechnung  statt,  doch  wird  über  die  objektive  Erfolgsverantwortlichkeit  des  Störers  erreicht,  dass  die  das  Schutzgut  gefährdenden  Handlungen  Dritter  in  die  Bestimmung  der  Verhaltens-  pflichten  des  als  Störer  Haftenden  Eingang  finden.  Auf  diese  Weise  wird  der  Pflichtenkreis  des  Haftenden  über  die  Vermeidung  eigener  Delinquenz  auf  die  Verhinderung  der  von  Dritten  ausgehenden  Gefahr-  verwirklichung  erweitert.  Auch  diese  konzeptionelle  Dissonanz  zwischen  Verkehrspflichten  und  Prüfungspflichten  legt  die  Schaffung  einer  gemeinsamen  Oberkate-  gorie  „allgemeine  Gefahrvermeidungspflichten“  nahe,  die  wiederum  sämtliche  Konzepte  der  Gefahrvermeidung  umfasst.  Neben  Prüfungs-  pflichten  (dann  in  einem  engen  Begriffssinne)  ist  hier  auch  an  Hinweis-  pflichten  und  Auskunftspflichten  als  Ausprägungen  der  Verkehrspflich-  ten  zu  denken.  399  d)  Terminologie  Die  Bezeichnung  als  „allgemeine  Gefahrvermeidungspflichten“  soll  zum  Ausdruck  bringen,  dass  nicht  nur  die  verwirklichte  deliktische  Schutz-  gutverletzung,  sondern  auch  –  namentlich  beim  vorbeugenden  Unterlas-  sungsanspruch  –  die  rechtswidrige  Gefahrschaffung  vom  Ver-  meidungsgebot  erfasst  ist.  Zwar  gibt  es  keine  allgemeine  Rechtspflicht,  Dritte  umfassend  vor  Schäden  zu  bewahren.  Wer  aber  rechtswidrig  eine  Situation  schafft  oder  andauernd  lässt,  die  ihm  zurechenbar  ist  und  die  eine  Gefahr  für  Schutzgüter  Dritter  auslöst,  ist  aufgrund  der  allgemei-  nen  Gefahrvermeidungspflichten  dazu  verpflichtet,  zumutbare  Vorkeh-  rungen  zur  Vermeidung  einer  Schädigung  der  gefährdeten  Schutzgüter  Dritter  (also  zur  Abwendung  der  Gefahr)  zu  treffen.  400  Im  Bereich  des  Deliktsrechts  ist  freilich  nicht  die  Gefahrschaffung  als  solche  verboten,  401  es  wird  also  dem  Gefahrschaffenden  keine  unbeding-  te  Ersatzpflicht  für  den  Fall  der  (mittelbaren)  Rechtsverletzung  aufer-  legt.  Dies  ergibt  sich  aus  der  allgemeinen  Dogmatik,  insbesondere  dem  Verschuldenserfordernis.  Dennoch  „sanktioniert“  (in  einem  weit  verstandenen  Sinne)  die  tatbestandliche  Zurechnung  durch  die  Ver-  kehrspflichten  bereits  die  Gefahrschaffung  als  solche,  indem  dem  Ge-  fahrschaffenden  eine  Handlungspflicht  zur  Vermeidung  der  Schadens-  399  Vgl.  Volkmann,  CR  2008,  232  (235)  m.w.N.,  der  diese  Pflichten  entgegen  der  hier  vertretenen  Auffassung  systematisch  neben  die  Prüfungspflichten  unter  das  gemeinsame  Dach  der  Verkehrspflichten  stellt.  400  Ähnlich  (aber  weniger  differenziert  und  nur  auf  Verkehrspflichten  bezogen)  Döring,  WRP  2007,  1131  (1136).  401  Zur  Abgrenzung  der  Verkehrspflichten  von  den  Gefährdungsdelikten  siehe  Bengen,  Systematik,  S.  313  f.