112  Viertes  Kapitel:  Spezifische  Rechtslage  für  Telemedien  sich  der  BGH  auch  nach  der  Umsetzung  der  ECRL  grundsätzlich  zum  Institut  des  Zueigenmachens  von  Inhalten.  608  6.  Resümee  und  eigener  Vorschlag  Eine  Abkehr  von  der  Abgrenzung  zwischen  eigenen  und  fremden  In-  formationen  ist  nicht  geboten.  Zwar  ist  diese  Dichotomie  so  nicht  in  der  ECRL  angelegt  (und  darüber  hinaus  auch  nicht  notwendig  und  angesichts  schwer  handhabbarer  Konstruktionen  wie  dem  „Zueigen-  machen“  von  Informationen  im  Ergebnis  auch  kritisch  zu  beurteilen),  doch  lässt  sich  die  Abgrenzung  bei  Anlegung  der  richtigen  Maßstäbe  hinreichend  rechtssicher  und  im  Einklang  mit  der  europarechtlichen  Vorgabe  vornehmen.  Ausgangspunkt  jeder  Abgrenzung  ist  die  Erkenntnis,  dass  Informati-  onen,  die  vom  Diensteanbieter  (bzw.  zuzurechnenden  Beauftragten)  originär  selbst  erstellt  wurden,  stets  „eigene  Informationen“  und  damit  nicht  privilegierungsfähig  sind.  Es  gibt  aber  ausnahmsweise  fremd  er-  stellte  Inhalte,  die  bei  wertender  Betrachtung  dennoch  als  „eigene  In-  formationen“  behandelt  (und  damit  nicht  privilegiert)  werden.  Die  Trennlinie  verläuft  also  nicht  zwischen  eigener  und  fremder  Erstellung,  sondern  zwischen  selbst  erstellten  und  fremd  erstellten,  aber  als  „eige-  ne“  gewerteten  (und  damit  im  Sinne  der  Privilegierungsvorschriften  „eigenen“),  Inhalten  einerseits  und  fremd  erstellten  und  als  fremd  ge-  werteten  Inhalten  andererseits.  Die  Qualifizierung  als  „eigen“  ist  im  nationalen  Recht  mithin  Ergebnis  einer  normativen  und  insbesondere  nicht  rein  technischen  Bewertung.  Dabei  ist  zur  Vermeidung  einer  Aushöhlung  der  Haftungsprivilegie-  rungen  und  zur  Erreichung  des  Regelungszwecks  der  ECRL  die  Qualifi-  zierung  als  „eigene  Inhalte“  restriktiv  vorzunehmen.  609  Diese  normative  Zuweisung  fremder  Inhalte  zu  den  eigenen  Inhalten  dient  nämlich  ledig-  lich  der  Korrektur  unbilliger  Zuordnungen.  Normalfall  610  des  Gesetzes,  insbesondere  aber  der  ECRL,  ist  die  Privilegierung  des  Vermittlers  fremder  Informationen.  Sobald  die  normative  Inhaltscharakterisierung  ihren  strengen  Ausnahmecharakter  verliert,  verschwimmen  die  gesetzli-  chen  Haftungsprivilegierungen  und  werden  einer  Billigkeitskorrektur  608  Für  einen  Wegfall  dieser  Konstruktion  plädiert  Schneider  in  Schneider,  Hand-  buch,  Rn.  1141.  609  Für  gänzlich  mit  den  Vorgaben  der  ECRL  unvereinbar  hält  dagegen  von  Samson-Himmelstjerna,  Haftung,  Rn.  119  ff.  den  Fortbestand  des  „Zueigenma-  chens“  von  Informationen  im  deutschen  Telemedienrecht.  610  Vgl.  Dustmann,  Provider,  S.  141;  Sieber,  Verantwortlichkeit,  Rn.  300  ff.;  in-  struktiv  zur  „Normalfallmethode“  und  ihrem  Verhältnis  zur  klassischen  Methoden-  lehre  Haft,  Juristische  Rhetorik,  S.  88  ff.  und  S.  155  ff.