152  Fünftes  Kapitel:  Störerhaftung  im  Internet  B.  Prüfungspflichten  und  Überwachungspflichten  I.  Systematisches  Verhältnis  Eine  gedankliche  Durchdringung  der  Materie  setzt  –  wie  stets,  so  auch  hier  –  terminologische  Klarheit  voraus.  Während  allerdings  die  Recht-  sprechung  zu  den  Prüfungspflichten  im  Rahmen  der  Lehre  von  der  Störerhaftung  bereits  auf  eine  vergleichsweise  lange  und  gründliche  Aufarbeitung  in  der  Literatur  zurückblicken  kann,  831  sind  die  Regelun-  gen  des  Telemedienrechts  zu  den  Überwachungspflichten  der  Provider  immer  noch  jung  und  dogmatisch  vergleichsweise  unerforscht.  Grundsätzlich  lassen  sich  Überwachungspflichten  als  auf  die  Inhalts-  kenntnis  bezogene  Pflichten  begreifen,  während  Prüfungspflichten  nach  der  Lehre  von  der  Störerhaftung  die  Erkenntnis  der  Rechtswidrigkeit  zum  Gegenstand  haben.  832  Damit  wird  bereits  klar,  dass  die  Regelung  des  §  II  TMG  über  die  Befreiung  der  Diensteanbieter  von  allgemei-  nen  Überwachungspflichten  zumindest  keine  direkte  Aussage  über  Prü-  fungspflichten  trifft.  Schwierig  (und  im  Ergebnis  entscheidend)  gestaltet  sich  die  Antwort  auf  die  Frage,  welche  Auswirkungen  die  Befreiung  von  Überwachungspflichten  auf  die  Fälle  hat,  in  denen  der  potentielle  Störer  schon  keine  Kenntnis  von  der  rechtswidrigen  Information  hat  (und  eben  auch  keine  allgemeine  Pflicht  zur  Kenntnisnahme  hat),  ihn  gleich-  wohl  aber  hinsichtlich  dieser  Information  eine  Prüfungspflicht  trifft.  Der  Diensteanbieter  müsste  also  eine  Information  auf  ihre  Rechtswid-  rigkeit  hin  überprüfen,  die  er  gar  nicht  kennt.  Das  ist  nicht  möglich.  In  diesem  Fall  schließt  die  mittlerweile  wohl  herrschende  Lehre  eine  Haftung  als  Störer  aus.  Der  Störer  hafte  nur  bei  positiver  Inhaltskennt-  nis,  weil  er  von  Überwachungspflichten  befreit  sei.  Diese  Auffassung  schränkt  aber  die  Störerhaftung  im  Ergebnis  weiter  ein  als  die  Haftung  unter  dem  Regime  der  §§  8–10  TMG  und  ist  auch  dogmatisch  nicht  überzeugend.  Vielmehr  ist  davon  auszugehen,  dass  eine  bestehende  Prüfungspflicht  hinsichtlich  einer  bestimmten  Information  dazu  führt,  dass  der  Diensteanbieter  diese  Information  (a  maiore  ad  minus!)  auch  kennen  muss.  Es  kann  also  Überwachungspflichten  ohne  gleichzeitige  Prüfungspflichten,  aber  keine  Prüfungspflichten  ohne  mindestens  eben-  so  weitreichende  Überwachungspflichten  geben.  Solche  –  auf  den  Ge-  genstand  konkreter  Prüfungspflichten  bezogene  –  Überwachungspflich-  831  Hierzu  siehe  oben  S.  55  ff.  832  Instruktiv  Spindler/Volkmann,  WRP  2003,  (3  ff.);  Spindler/Schmitz/Geis/  Spindler,  TDG,  §  Rn.  11.